Salvador Espriu
Versuch eines Lobgesangs im Tempel
Oh, wie genug habe ich von meinem
feigen, alten, so ungeschlachten Land,
und wie gern würde ich davonlaufen,
weit nach Norden,
wo, wie man hört, die Leute reinlich sind,
anständig und gebildet, reich und frei,
wachen Sinnes und glücklich!
Dann würden, voll Mißbilligung, die versammelten Brüder
sagen: „Gleich einem Vogel, welcher sein Nest im Stich läßt,
ist der Mensch, der fortgeht von seinem Ort“,
während ich, weit entfernt schon, lachen würde
über das Gesetz und die abgestandene
Weisheit meines verstaubten Volkes.
Doch nie werde ich meinem Wunschtraum folgen,
und hier werde ich bleiben bis zum Tod.
Denn auch ich bin sehr feig und ungeschlacht
und liebe überdies mit einer
verzweifelten Trauer
dieses mein armes,
dreckiges, tristes, unglückliches Vaterland.
Traduït per Fritz Vogelgsang
Salvador Espriu, Versuch eines Lobgesangs im Tempel. A: Ende des Labyrinths. Frankfurt am Main: Vervuert, 1986, p. 73.