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Fugaç

Josep M. Benet i Jornet
Fliehender Stern
Mädchen    Du hast es zugegeben. Komm nicht gleich zurück. Ich möchte reden, jetzt möchte ich, und ich will, daß du mich hörst, aber ich will dich nicht sehen, während ich rede. Du hast mir eine Erinnerung aus der Vergangenheit erzählt, eine wahre, eine authentische Erinnerung. Jetzt will ich dir eine Erinerrung aus der Zukunft erzählen, aus der Zeit, die noch nicht ist. Wir können nicht wissen, was in einer bestimmten Zeit geschehen wird, und bestimmt wird nicht geschehen, was ich dir jetzt erzähle. Ich werde dir eine Lüge erzählen. Komm nicht heraus, warte. Bis ich fertig bin, hab Geduld und warte. Eine besondere Erinnerung: Mama wird gestorben sein, wir wollen es uns vorstellen. Rühr dich nicht. Du wirst dich nicht rühren, ja? Wenn Mama stirbt... Ich will nicht, daß sie stirbt. Wenn Mama stirbt, würden wir weinen. Wir würden uns sehr allein fühlen. Wir würden, wir werden einen Strauß Nelken kaufen, nicht irgendeinen Strauß, einen riesigen Strauß, den größten, den wir finden könnten, weil Nelken hat sie gern, und wir werden ihn auf ihren Sarg legen. Es wird nichts bringen, es wird eine sinnlose Geste sein. Darauf werde ich dich bitten, sie einzuäschern, und du wirst ja sagen, alles, was ich will, und wir werden sie einäschern und auf diese Weise wird ihr Körper nicht mehr süß und attraktiv sein, sondern sich in eine Handvoll Reste verwandeln, in Staub, ohne die Schändlichkeit der Verwesung. Wir werden ihre Asche ins Meer streuen. Das ist, wo man die Asche hinstreut, wenn man nicht weiß, wohin damit und einem nichts Besseres einfällt. Wir werden sie ins Meer streuen, in der Nacht, vielleicht ist es eine melancholische Nacht, denn wir werden uns melancholisch fühlen. Eine Nacht beispielsweise wie diese. Danach... Danach wirst du mit keiner anderen Frau gehen. Du wirst die Erinnerung an Mama bewahren, du wirst ein ewiger treuer Witwer sein. Die Leute werden sagen: dieser Mann übertreibt. Einige werden lachen, hinter deinem Rücken, und andere, im Gegenteil, werden deine feste Entschlossenheit bewundern. Ich werde zuhause bleiben. Ich gehe nicht weg. Ich werde dich pflegen. Für immer. Eine Tochter, die sich opfert, die ihr Leben auf eine absurde Weise verschleudert, auf eine unvernünftige Weise. (Pause.) Ich werde dich pflegen, du wirst mich pflegen, und es wird auf der ganzen Welt nicht zwei so glücklich Liebende geben wie uns. (Pause.) Ich bin fertig.


Translated by Fritz Rudolf Fries
Josep M. Benet i Jornet, Fliehender Stern. Berlín: Henschel Schauspiel, 1998, p. 46-47.
Josep M. Benet i Jornet
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