Kensington

Gabriel Ferrater
Gabriel Ferrater

Unendlich ist das Licht des nördlichen Sommers,
und jene Nachmittage, die niemals erlöschen.
Wie der Friede, der ihnen folgt. Wenn sie fast
das alte Geheimnis verraten, nach dem wir
auf der Suche sind auf immer anderen Wegen.

Und sie spricht und beschreibt mir
die Bilder, die gleichen Wegs mit ihr gehn:
ganz langsam, auf ihrem Pfad,
auf dem ich zum Gipfel sie führe.

„Immer ist’s mir, als verwandle ich mich.
Die Dinge, die du mich glauben machst, wirst du niemals durchschauen,
du,mein Leben. Kensington war ich einmal,
diese Flucht gewundener Gassen,
klar von Licht und ohne Sonne. Seit einer Weile sag ich dir:
Ich bin eine gelbe Blume geworden.“

Blumenwesen zu denken, wird mir nicht schwer.

Du bist wie eine Blume, und meine Hand
trägt die Erinnerung einer fleischfressenden Pflanze,
ein Etwas, das sich auftut zu einer Blüte
von feuchtem Fleisch, geöffnete Blumenkrone
von ungeheurer Weite, damit ich, ein Insekt,
mich darin verliere. Ich sage:

„Zu einer Blüte wirst du,
dein ganzer Körper steigt hier empor.“
Gewendet hab ich mich. Reines Licht. Alle Zeichnungen,
die ich kopieren kann, sind nichts wert. Sie widerspricht:
„Nein, diese Blüte zählt nicht. Sie war völlig gelb.
Denn ich bin für dich eine gelbe Blüte geworden.“

Stegmann, Tilbert D. (Hrsg.), Ein Spiel von Spiegeln. Katalanische Lyrik des 20.Jahrhunderts. Übersetzung von Tilbert Stegmann und Uwe Grüning. Leipzig: Reclam, 1987.

Traduït per Tilbert D. Stegmann

Tilbert D. Stegmann
Tilbert Dídac Stegmann