Lo Desconhort

Ramon Llull
Ramon Llull

    I
Gott, mit Hilfe Eurer Tugendkraft beginne ich diesen Desconhort,
den ich singend verfasse, damit ich dadurch Trost finde
und damit ich mit seiner Hilfe das Vergehen und das Unrecht erzähle,
welches man Euch antut, der Ihr uns, wenn wir tot sind, richtet.
Und je mehr ich mich tröste, desto schwächer wird mein Herz,
denn es macht mein Gemüt zum Hafen für Zorn und Schmerz,
so daß sich der Trost in tiefe Trostlosigkeit verwandelt.
Und daher bin ich voller Mühsal und (gleichzeitig) voller Wonne,
und ich habe keinen Freund, der mir irgendwelche Freude verschafft,
außer Euch allein. Deshalb trage ich diese Bürde,
indem ich bald falle, bald mich aufrichte, und ich befinde mich hier in
einer derartigen Lage,
daß ich nichts sehe oder höre, woher mir Trost kommen könnte.


II
Als ich herangewachsen war und für die Eitelkeit der Welt empfänglich wurde,
begann ich Böses zu tun und fing ich an zu sündigen,
indem ich den glorreichen Gott vergaß und der Fleischeslust nachging;
doch ließ sich Jesus Christus wegen Seiner großen Barmherzigkeit dazu herbei,
mir fünfmal als Gekreuzigter zu erscheinen,
damit ich mich Seiner erinnern und so sehr in Liebe zu Ihm entbrennen sollte,
daß ich Sorge dafür trüge, daß Er auf der ganzen Welt verkündet
und die Wahrheit über Seine Dreieinigkeit gesagt werde
und wie Er inkarniert wurde;
ich wurde daher von so starkem Willen beseelt,
daß ich nichts so sehr begehrte, als daß Er geehrt werde,
und so fing ich damit an, Ihm vom ganzen Herzen zu dienen.




LLULL, Ramon. Der Desconhort. Traducció de Johannes Hösle. Munic: Wilhelm Fink, 1998, p. 51.

Traduït per Johannes Hösle

Johannes Hösle