L’estiu de l’anglès

Carme Riera
Carme Riera

Sie haben gesagt, Sie würden den Fall nur übernehmen, wenn ich Ihnen alles erzähle. Nun gut, das will ich hiermit tun. Ich werde Ihnen die ganze Geschichte von Anfang an erzählen, damit Sie über mich im Bilde sind. Ich sehe ein, dass Sie jeden einzelnen Aspekt der Angelegenheit kennen müssen, selbst den kleinsten und unbedeutendsten, denn einige dieser Aspekte könnten für eine erfolgreiche Verteidigung entscheidend sein.

Auch haben Sie mich gebeten, über die Ereignisse nachzudenken, sie so oft wie nötig Revue passieren zu lassen und sie Ihnen in allen Einzelheiten zu schildern. Verlassen Sie sich darauf: Ich werde Ihre Anweisungen Punkt für Punkt befolgen. Leider habe ich ja alle Zeit der Welt, und die werde ich mir auch nehmen.

Fangen wir also von vorne an.

Als ich meine Cousine Maria anrief, um ihr zu sagen, dass ich diesen Sommer nicht mir ihr verreisen könne wie sonst, war es noch so früh im Jahr, dass sie ihre Pläne problemlos ändern konnte. Ich hatte einen gewichtigen Hinderungsgrund vorzuweisen: Ich war entschlossen, das leidige Englischproblem ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen. Damals – es war Anfang Februar, daran erinnere ich mich noch genau – konnte ich nicht ahnen, wie sehr ich diesen Entschluss bereuen würde. Im Gegenteil: Ich war überzeugt, endlich einmal die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Dumm wie ich war, kam mir nicht in den Sinn, dass sie sich als schlechteste Entscheidung meines Lebens erweisen könnte. Manchmal entwickeln sich die Dinge eben anders, als man denkt, jedenfalls bei Menschen wie mir, die die bemerkenswerte Intuition einer Fliege haben.

RIERA, Carme, Der englische Sommer [L’estiu de l’anglès]. Berlín: Ullstein, 2007

Traduït per Kirsten Brandt

Kirsten  Brandt
Kirsten Brandt