Res no és mesquí

Joan Salvat-Papasseit
Joan Salvat-Papasseit
NICHTS IST VERÄCHTLICH

Nichts ist verächtlich,
und keine Stunde ist verwildert,
und die Nacht mit ihrem Abenteuer ist nicht dunkel.
Und der Tau ist klar,
denn die Sonne geht auf, bezaubert sich
und badet mit Enzücken:
es spiegelt sich das Bett jedes geschaffenen Dings.

Nichts ist veräntlich,
und alles voll Überfluß wie Wein und die gebräunte Wange.
Und die Flut des Meers lacht immer,
Frühling des Winters – Frühling des Sommers.
Und alles ist Frühling:
und jedes Blatt ist grün auf ewig.

Nichts ist verächtlich,
denn die Tage gehen nicht vorbei;
der Tod kommt nicht, auch wenn ihr ihn gerufen habt.
Und wenn ihr ihn gerufen habt, verheimlicht er eine Grube,
denn ihr braucht für die Neugeburt den Tod.
Und wir sind nie ein Weinen,
sondern ein feines Lächeln,
das sich verliert wie Apfelsinenschnitze.
Nichts ist veränchtlich,
denn in jeder Fiber singt das Lied.
Heute, morgen, gestern
wird eine Rose sich entblättern:
und dem jüngsten Mädchen steigt die Milch in die Brust.

SALVAT-PAPASSEIT, Joan. “Nichts ist verächtlich” (“Res no és mesquí”). A: Katalanische Lyrik im zwanzigsten Jahrhundert: eine Anthologie. Edició amb Antoni Pous. Mainz: Hase & Koehler, 1970, 74-75.

Traduït per Johannes Hösle

Johannes Hösle